Individualisierungstendenzen auf dem deutschen Hausbau-Markt
19. Dezember 2016Die deutschen Bauherren sind wählerischer geworden. Vorbei sind die Zeiten, in denen die meisten ein Haus mit Garten ersehnt haben, egal welchen Typs es auch sein mag.
Früher war entscheidend, dass man sich einen Hausbau oder Hauskauf leisten konnte. Das mietfreie Wohnen in einem freistehenden Einfamilienhaus mit Garten war das einzig wichtige. Nun spielen Kosten und Aufwand eine geringere Rolle als Haustyp, Stil und Wohnfläche. Denn was man sich nicht leisten kann, wird über eine gute Immobilienfinanzierung schon geregelt. Diese Haltung führt zwar zu einer höheren Kredit-Ausfallrate, doch ist diese häufig eher bei den Jüngeren hoch, weniger bei den Älteren ab 40 Jahren, die insgesamt die entscheidende Käuferschicht ist. Und interessanterweise ist genau bei dieser Käufergruppe das individuelle Bauen und Wohnen am stärksten ausgeprägt. Im Alter wird man eben anspruchsvoll, könnte man spöttisch behaupten. Aber so ist es tatsächlich. Mit dem Alter steigen die Lebenserfahrung und die Ansprüche, nicht zuletzt auch der Anspruch an Annehmlichkeiten, das Bedürfnis nach Ruhe und Bequemlichkeit sowie das Verlangen nach Luxus, weshalb man von der Befriedigung der Wünsche spricht (Luxese).
Vor einigen Jahren noch sahen viele Vororte fast identisch aus. So prägen Reihenhäuser und freistehende Einfamilienhäuser als Anderthalbgeschosser mit Satteldach die Landschaft. Ganze Straßenzüge sehen deshalb aus wie eine Aneinanderreihung vom Haus des Nikolaus. Das ist den Anwohnern selbst nicht einmal bewusst. Die Uniformität der Haustypen, man könnte auch sagen, die Einfältigkeit und Bedürfnislosigkeit, fällt erst dann auf, wenn neue Siedlungen entstanden sind, in denen jeder das Haus gebaut hat, das ihm persönlich am besten gefällt. Aber der Fairness halber muss natürlich gesagt werden, dass früher auch nicht so viel Auswahl an Haustypen auf dem Markt bestand. Wer also kein Haus von der Stange wollte, der hat ein Architektenhaus bauen lassen. Und dieses war verständlicherweise auch um einiges teurer. So ist es eigentlich ungerecht, einfältige oder bedürfnislose Bauherren zu vermuten, wenn deren Haus identisch mit dem der Nachbarn ist. Auch gibt es natürlich sogenannte Bebauungspläne, die sich eine Stadt oder Gemeinde auferlegt und die für bestimmte Gebiete, Straßen oder den ganzen Ort einen einheitlichen Baustil vorsehen. So etwas ist auch viel in französischen Dörfern zu finden, wo jedes Haus dieselbe Dachform, Dacheindeckung und dieselbe Verklinkerung aufweisen muss.